Solarpaket I: Die Revolution am Balkon
Mehr Power für deinen Balkon
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Erhöhung der Wechselrichterleistung: Die sogenannte Bagatellgrenze für die Einspeiseleistung des Wechselrichters wurde von 600 Watt auf 800 Watt angehoben. Diese Erhöhung um 33 % mag auf den ersten Blick gering erscheinen, hat aber in der Praxis erhebliche Auswirkungen. Sie ermöglicht eine höhere Stromausbeute, besonders in den ertragreichen Mittagsstunden, aber auch morgens, abends und bei bewölktem Himmel.
- Einführung einer Modulleistungsgrenze: Erstmals wurde eine klare Obergrenze für die installierte Leistung der Solarmodule selbst festgelegt. Pro Hausanschluss dürfen nun Module mit einer Gesamtleistung von bis zu 2.000 Watt-Peak (Wp) installiert werden. Diese Regelung eröffnet die Möglichkeit des Overpaneling. Du kannst beispielsweise vier Module mit je 500 Wp an einen 800-Watt-Wechselrichter anschließen. Auch bei nicht optimalen Bedingungen erreichen die Module so häufiger die maximale Einspeiseleistung des Wechselrichters, was den Gesamtertrag deutlich steigert.
Die neue Anmeldefreiheit
- Wegfall der Anmeldung beim Netzbetreiber: Die bislang erforderliche, oft umständliche Anmeldung beim lokalen Netzbetreiber entfällt vollständig. Es ist keine Genehmigung oder Rückmeldung des Netzbetreibers mehr notwendig.
- Vereinfachte Registrierung im Marktstammdatenregister (MaStR): Die einzige verbleibende Pflicht ist eine stark vereinfachte Online-Registrierung bei der Bundesnetzagentur. Diese erfordert nur noch wenige, grundlegende Angaben zu deiner Person und deiner Anlage und ist in wenigen Minuten abgeschlossen. Sie muss innerhalb eines Monats nach der Inbetriebnahme erfolgen.
Pragmatische Lösungen für einen schnellen Start
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Vorübergehende Duldung alter Stromzähler: Alte, rückwärtslaufende Ferraris-Zähler werden vorübergehend geduldet, bis der Messstellenbetreiber sie regulär austauscht. Du kannst dein Balkonkraftwerk also sofort nach der Installation anschließen und nutzen.
- Steuerliche Vorteile: Die seit dem 1. Januar 2023 geltende Befreiung von der Mehrwertsteuer (0 % Umsatzsteuer) auf den Kauf von Photovoltaikanlagen bleibt bestehen. Zudem sind die Einnahmen aus dem Eigenverbrauch bei Anlagen dieser Größe in der Regel von der Einkommensteuer befreit.
Kriterium | Regelung ALT (vor 2024) | Regelung NEU (seit Solarpaket I / Gesetzesänderung) |
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Wechselrichterleistung | Max. 600 Watt | Max. 800 Watt |
Modulleistung | Keine explizite Obergrenze | Max. 2.000 Watt-Peak |
Anmeldung | Erforderlich bei Netzbetreiber UND Marktstammdatenregister (MaStR) | Nur noch vereinfachte Registrierung im MaStR |
Zählertyp | Sofortiger Austausch eines alten Zählers (ohne Rücklaufsperre) nötig | Vorübergehende Duldung alter Zähler bis zum regulären Austausch |
Rechtlicher Status (Mieter) | Genehmigung lag im Ermessen des Vermieters | Anspruch auf Genehmigung als "privilegierte Maßnahme" (§ 554 BGB) |
Rechtlicher Status (WEG) | Oft Zustimmung aller Betroffenen oder qualifizierte Mehrheit nötig | Anspruch auf Genehmigung, Beschluss mit einfacher Mehrheit (§ 20 WEG) |
Das Recht auf Solar für Mieter
Vom Bittsteller zum Anspruchsteller
Wann darf der Vermieter Nein sagen?
- Denkmalschutz: Wenn das Gebäude unter Denkmalschutz steht und die Installation die geschützte Fassade oder das historische Erscheinungsbild beeinträchtigen würde, können die Auflagen der Denkmalschutzbehörde eine Installation unzumutbar machen.
- Erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz: Wenn die geplante Montage die Statik des Balkons oder des Gebäudes gefährden oder die Bausubstanz nachhaltig schädigen würde. Eine fachgerechte Befestigung mit Klemmen an einer stabilen Balkonbrüstung fällt hier in der Regel nicht darunter.
- Gravierende Sicherheitsbedenken: Wenn nachweisbare und nicht durch fachgerechte Installation behebbare Gefahren für den Brandschutz oder die elektrische Sicherheit des Gebäudes bestehen. Veraltete Elektroinstallationen können ein Grund sein, wobei hier zu prüfen ist, ob eine Ertüchtigung zumutbar ist.
- Unzumutbare Beeinträchtigung Dritter: Wenn die Anlage nachweislich zu einer erheblichen Verschattung oder Blendwirkung für Nachbarwohnungen führt.23 Rein subjektive ästhetische Bedenken des Vermieters oder der Nachbarn sind hingegen in der Regel kein ausreichender Ablehnungsgrund mehr.
Das Mitspracherecht des Vermieters
- Die Forderung nach einer fachgerechten und sturmsicheren Montage.
- Vorgaben zur Wahrung eines einheitlichen Erscheinungsbildes (z. B. unauffällige Kabelführung), solange diese nicht schikanös sind.
- Der Abschluss einer schriftlichen Zusatzvereinbarung, die die Pflicht zur Übernahme aller Kosten (Anschaffung, Wartung, Versicherung) und zum vollständigen, rückstandslosen Rückbau bei Auszug regelt.
Praxisleitfaden: Erfolgreich mit dem Vermieter kommunizieren
[Dein Name & Anschrift]
[Name & Anschrift des Vermieters/der Hausverwaltung]
Antrag auf Zustimmung zur Installation eines Steckersolargeräts (Balkonkraftwerk) gemäß § 554 BGB
Sehr geehrte/r Herr/Frau [Name des Vermieters],
hiermit beantrage ich Ihre Zustimmung zur Installation eines Steckersolargeräts an meinem Balkon der Wohnung in der [Anschrift des Mietobjekts].
Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, wurde die Installation von Steckersolargeräten mit der Gesetzesänderung vom Oktober 2024 in den Katalog der privilegierten Maßnahmen nach § 554 Abs. 1 BGB aufgenommen. Damit besteht für Mieter ein grundsätzlicher Anspruch auf die Gestattung einer solchen Maßnahme.
Um Ihnen eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen, stelle ich Ihnen folgende Informationen zur geplanten Anlage zur Verfügung:
- Anlagentyp:
- Leistung:
- Montageort:
- Befestigungsmethode:
Ich versichere Ihnen hiermit, dass:
- die Installation fachgerecht und sturmsicher nach den Vorgaben des Herstellers erfolgt.
- sämtliche Kosten für Anschaffung, Installation, Wartung und Versicherung von mir getragen werden.
- die Anlage bei meinem Auszug vollständig und rückstandslos entfernt und der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wird.
- mein Versicherungsschutz (Haftpflicht/Hausrat) eventuelle Schäden abdeckt
Gerne stehe ich Ihnen für ein persönliches Gespräch zur Verfügung und kann Ihnen auf Wunsch die technischen Datenblätter der Anlage zukommen lassen. Ich bitte um Ihre schriftliche Stellungnahme innerhalb der nächsten drei Wochen.
Mit freundlichen Grüßen
[Deine Unterschrift]
Phase | Schritt | Details |
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1. Vorbereitung | Standort & Anlage prüfen | Ist der Montageort sonnig und stabil? Welche Anlage passt (Leistung, Sicherheitsstandards wie DGS)? |
Förderungen recherchieren | Gibt es Zuschüsse von deiner Kommune oder deinem Bundesland? | |
2. Kommunikation | Schriftlichen Antrag stellen | Nutze eine Vorlage. Sei präzise, kooperativ und verweise auf § 554 BGB. |
Frist setzen | Bitte um eine Antwort innerhalb einer angemessenen Frist (z.B. 2-4 Wochen). | |
3. Installation | Fachgerechte Montage | Sorge für eine sturmsichere Befestigung. |
Versicherungsschutz klären | Informiere deine Hausrat- und Haftpflichtversicherung. In der Regel ist die Anlage mitversichert. | |
4. Bürokratie | Im MaStR registrieren | Melde die Anlage innerhalb eines Monats nach Inbetriebnahme online bei der Bundesnetzagentur an. |
5. Auszug | Rückbaupflicht beachten | Plane den rückstandslosen Abbau, es sei denn, es gibt eine Übernahmevereinbarung. |
Balkonkraftwerke in der WEG
Auch für Wohnungseigentümer war die Installation eines Balkonkraftwerks oft ein Spießrutenlauf, der am Veto eines einzelnen Nachbarn oder an starren Mehrheitserfordernissen scheitern konnte. Die Aufnahme von Steckersolargeräten in § 20 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) als privilegierte Maßnahme bricht diese alten Strukturen auf und stärkt die Rechte des Einzelnen gegenüber der Gemeinschaft fundamental.
Das Ende des Vetos: § 20 WEG
Die Gestaltungsmacht der WEG
- Festlegungen zu Montageort, Farbe oder Größe der Module, um die architektonische Einheit zu wahren.
- Die Forderung, dass die Installation nur durch einen qualifizierten Fachbetrieb erfolgen darf.
- Die Auflage, einen Nachweis über eine ausreichende Haftpflichtversicherung vorzulegen.
- Die Anforderung, die Anmeldebescheinigung aus dem Marktstammdatenregister vorzulegen.
Klarheit bei den Kosten
Phase | Schritt | Details |
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1. Vorbereitung | Eigene Planung & Information | Wähle deine Wunschanlage aus und plane den Montageort. |
Informelle Gespräche | Sprich mit Nachbarn und der Hausverwaltung, um für Unterstützung zu werben und Bedenken frühzeitig auszuräumen. | |
2. Antragstellung | Form- und fristgerechter Antrag | Reiche bei der Hausverwaltung einen konkreten Antrag auf die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung ein. Beschreibe genau, was, wo und wie installiert werden soll. |
3. Beschlussfassung | In der Versammlung werben | Erläutere dein Vorhaben und weise auf deinen Rechtsanspruch nach § 20 WEG und die Notwendigkeit einer einfachen Mehrheit hin. |
4. Umsetzung | Installation gemäß Beschluss | Führe die Installation exakt nach einem positiven Beschluss exakt nach den eventuellen Vorgaben der WEG durch. |
5. Bürokratie | Im MaStR registrieren | Melde die Anlage innerhalb eines Monats nach Inbetriebnahme online an. |
Die Anmeldung im Marktstammdatenregister
- Webseite aufrufen: Besuche die Webseite des Marktstammdatenregisters.
- Benutzerkonto anlegen: Falls noch nicht vorhanden, erstelle ein persönliches Benutzerkonto.
- Anlage registrieren: Starte den Prozess zur Registrierung einer neuen Anlage und wähle die Option "Steckerfertige Solaranlage".
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Daten eingeben: Ein Assistent führt dich durch die Eingabemaske. Du benötigst folgende Daten:
- Deine Kontaktdaten und den Standort der Anlage.
- Die Leistung der Solarmodule in Watt-Peak (Wp).
- Die Leistung des Wechselrichters in Watt (W) bzw. Voltampere (VA).
- Die Nummer deines Stromzählers (findest du auf dem Zähler oder deiner Stromrechnung).
- Das Datum der Inbetriebnahme.
- Absenden: Nach Überprüfung der Daten schließt du die Registrierung ab. Die Bundesnetzagentur informiert daraufhin automatisch deinen Netzbetreiber.
Hier eine anschauliche Schritt-für-Schritt-Anleitung:
Mehr Infos findest du unter: Balkonkraftwerk anmelden.
Stromzähler-Chaos? Was du wirklich wissen musst
- Der alte Ferraris-Zähler: Solltest du noch einen alten, schwarzen Zähler mit Drehscheibe ohne Rücklaufsperre besitzen, darfst du dein Balkonkraftwerk trotzdem sofort in Betrieb nehmen. Wenn du mehr Strom erzeugst als du verbrauchst, läuft dieser Zähler rückwärts und reduziert so deine Stromrechnung.
- Ein temporärer Vorteil: Diese Duldung ist ein bewusster politischer Kompromiss, um einen schnellen Ausbau zu ermöglichen, ohne auf den flächendeckenden Zählertausch warten zu müssen. Es ist jedoch eine Übergangslösung. Verlass dich bei deiner Amortisationsrechnung nicht dauerhaft auf diesen Effekt.
- Der kostenlose Zählertausch: Der zuständige Messstellenbetreiber ist verpflichtet, deinen alten Zähler gegen einen modernen, digitalen Zweirichtungszähler auszutauschen. Dieser Tausch ist für dich kostenlos. Die jährliche Gebühr für den Betrieb des neuen Zählers ist gesetzlich auf maximal 20 Euro pro Jahr gedeckelt.
Die Stecker-Frage – Schuko oder Wieland?
- Der Status Quo: Während in der Vergangenheit oft eine spezielle Wieland-Einspeisesteckdose von Fachleuten empfohlen wurde, hat sich in der Praxis der Anschluss über eine normale Haushaltssteckdose (Schuko-Stecker) durchgesetzt.
- Der Ausblick: Das Solarpaket I zielt explizit darauf ab, den Schuko-Stecker als offiziellen Standard für Steckersolargeräte zu etablieren. Die entsprechende technische Norm des VDE wird derzeit überarbeitet, eine neue Produktnorm wird erwartet. Bis zur endgültigen Verabschiedung gilt: Der Betrieb über einen Schuko-Stecker ist gängige und weithin akzeptierte Praxis. Entscheidend ist, dass du ein qualitativ hochwertiges Balkonkraftwerk mit einem zertifizierten Wechselrichter verwendest, der über einen integrierten Netz- und Anlagenschutz (NA-Schutz) verfügt. Dieser sorgt dafür, dass sich der Wechselrichter bei einem Stromausfall sofort vom Netz trennt.
Sicherheit geht vor
- Sturmsichere Montage: Ein Solarmodul wiegt etwa 20 Kilogramm. Eine absolut sichere und stabile Befestigung, die den Herstellerangaben entspricht und auch starken Wind- und Schneelasten standhält, ist unerlässlich. Hier darf es keine Kompromisse geben, um Gefahren für Personen und Sachwerte auszuschließen.
- Elektrische Sicherheit und Versicherung: Schließe dein Balkonkraftwerk immer direkt an eine Wandsteckdose an, niemals über eine Mehrfachsteckdose oder ein Verlängerungskabel. Schütze die Kabel vor mechanischen Beschädigungen. In der Regel sind Balkonkraftwerke über die private Haftpflicht- und Hausratversicherung mitabgedeckt. Eine kurze schriftliche Anfrage bei deiner Versicherung zur Bestätigung des Schutzes ist dennoch empfehlenswert und schafft endgültige Sicherheit.
Erfahre auch mehr zum Thema: So sicher sind Balkonkraftwerke.
Die häufigsten Fragen zum Recht auf Balkonkraftwerke
Wer haftet bei Schäden durch mein Balkonkraftwerk?
Als Betreiber der Anlage haftest du für alle Schäden, die davon ausgehen (z.B. durch Herabfallen bei Sturm). Deshalb ist eine fachgerechte Montage und die Klärung des Versicherungsschutzes entscheidend und die Klärung des Versicherungsschutzes mit deiner privaten Haftpflichtversicherung unerlässlich.
Was passiert mit der Anlage, wenn ich als Mieter ausziehe?
Grundsätzlich bist du verpflichtet, die Anlage bei Beendigung des Mietverhältnisses wieder vollständig und rückstandslos zu wieder vollständig zu entfernen. Alternativ kannst du eine Übernahmevereinbarung mit dem Nachmieter oder Vermieter treffen.
Muss ich den erzeugten Strom versteuern?
Bei Anlagen dieser Größe, die primär dem Eigenverbrauch dienen, fallen in der Regel weder Einkommensteuer an, noch wird auf den Kauf die Umsatzsteuer erhoben (0%-Regelung).
Lohnt sich ein Stromspeicher für mein Balkonkraftwerk?
Die Verwendung eines Speichers ist technisch erlaubt. Er kann den Eigenverbrauchsanteil deutlich erhöhen, da Sie tagsüber erzeugten Strom auch abends nutzen können. Ob sich die Investition aufgrund der noch relativ hohen Anschaffungskosten wirtschaftlich rechnet, ist eine individuelle Abwägung und hängt stark vom eigenen Verbrauchsverhalten ab.
Bekomme ich eine Einspeisevergütung?
Theoretisch hast du Anspruch auf eine Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). In der Praxis ist der damit verbundene bürokratische Aufwand jedoch unverhältnismäßig hoch und für die geringen Überschussmengen nicht lohnenswert. Daher wird der überschüssige Strom in der Regel unentgeltlich ins öffentliche Netz eingespeist.
Gibt es staatliche Förderungen?
Ja, neben der bundesweiten Mehrwertsteuerbefreiung bieten viele Kommunen und einige Bundesländer direkte finanzielle Zuschüsse für den Kauf von Balkonkraftwerken an. Eine Recherche nach lokalen Förderprogrammen vor dem Kauf ist sehr empfehlenswert.
Was ist, wenn mein Vermieter oder die WEG meinen Antrag ignoriert?
Setze in deinem Antrag eine angemessene Frist zur Stellungnahme. Reagiert die Gegenseite nicht, kannst du deinen Anspruch gerichtlich durchsetzen. Im Mietrecht wäre dies eine Klage auf Zustimmung, im Wohnungseigentumsrecht eine sogenannte Beschlussersetzungsklage, mit der ein Gericht den fehlenden Beschluss der WEG ersetzt.