Seit Anfang der 2000er Jahre und der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes steigen die Strompreise in Deutschland. Zwar stabilisieren sie sich immer mal wieder, doch langfristig zeigt die Preiskurve weiter nach oben. Auch für die kommenden Jahre wird ein Preisanstieg prognostiziert – und der soll es in sich haben. Da stellt sich die Frage: Was kann man dagegen tun?
Warum steigen die Strompreise so stark?
Dass die Strompreise voraussichtlich weiter stark steigen werden, hat mehrere Gründe. Der Strompreis setzt sich aus mehreren Komponenten wie der Ökostrom-Umlage oder auch der Umsatzsteuer zusammen.
Zu den Komponenten, die den Strompreis am stärksten beeinflussen, gehören die Netzentgelte. Diese wurden bisher von der Bundesregierung bezuschusst – und zwar in Milliardenhöhe. Diese Subventionierung fällt jetzt weg.
Die vier Übertragungsnetzbetreiber (50Hertz, Amprion, TransnetBW und TenneT TSO), die deutschlandweit für die Infrastruktur unseres Stromnetzes verantwortlich sind, haben daraufhin in einer gemeinsamen Stellungnahme angekündigt, die Netzentgelte ab 2024 zu verdoppeln. Ohne Subventionen müssen jetzt also die Verbraucher diese Kosten tragen.
CO2-Bepreisung oder Strompreisbremse: Mehrere Aspekte führen zu höheren Strompreisen
Zu den verdoppelten Netzentgelten kommt die Erhöhung der CO2-Bepreisung seit 2024. Die daraus resultierenden Kostensteigerungen für die Stromerzeuger werden ebenfalls an die Verbraucher weitergegeben.
Darüber hinaus wurde auch das Auslaufdatum der Strompreisbremse deutlich vorgezogen. Statt im März 2024, lief die Förderung nun bereits Ende 2023 aus.
Was kann man gegen steigende Strompreise tun?
Sich gegen die kommenden Kosten zu wehren, ist gar nicht so einfach. Ein Anbieterwechsel wird nicht viel bringen, da die Netzentgelte bei allen Stromanbietern in die Höhe schießen werden.
Ganz auf Strom zu verzichten, mag für manche eine Wunschvorstellung sein, ist aber in der Realität kaum oder gar nicht umsetzbar. Den eigenen Stromverbrauch zu reduzieren, ist da schon realistischer. Allerdings werden die größten Stromfresser im Haushalt wie der Kühlschrank oder der Herd auch weiterhin gebraucht. Ihr Stromverbrauch lässt sich nicht so einfach reduzieren.
Die naheliegendste Lösung ist daher eine autarke Stromversorgung. Die Möglichkeiten dazu werden mit der Zeit immer vielfältiger. Eine der wohl praktischsten Methoden ist das Balkonkraftwerk.
Warum auf ein Balkonkraftwerk setzen, um den steigenden Strompreisen zu entkommen?
Solarenergie ist für den privaten Gebrauch die praktikabelste Art, eigenen Strom zu produzieren. Vielen Menschen fehlt jedoch der Platz oder das Geld für eine große Photovoltaikanlage. Eine kompakte und kostengünstige Alternative ist das Balkonkraftwerk. Die Mini-Solaranlage findet fast überall ihren Platz, ob am Balkongeländer, auf dem Dach, an der Fassade oder sogar auf der Terrasse.
Keine Zettelwirtschaft: Wenig Bürokratie bei der Anmeldung eines Balkonkraftwerks
Auch der bürokratische Aufwand ist beim Betrieb eines Balkonkraftwerks gering. Du musst deine Mini-PV-Anlage lediglich beim Marktstammdatenregister registrieren.
Durch das Solarpaket 1 ist es übergangsweise sogar erlaubt, dass dein Stromzähler rückwärtsläuft. Das passiert bei sogenannten Ferraris-Zählern, wenn der Strom, den dein Balkonkraftwerk produziert, nicht verbraucht wird und stattdessen in das öffentliche Stromnetz fließt. Hier findest du alles, was du für die Anmeldung eines Balkonkraftwerks wissen musst.
Installation: Keine Fachkraft nötig
Im Gegensatz zu vielen anderen Systemen ist für die Installation eines Balkonkraftwerks keine Elektrofachkraft nötig. Eine Mini-Solaranlage funktioniert nach dem Plug-and-Play-Prinzip. Das bedeutet, dass du das Balkonkraftwerk einfach mit einem haushaltsüblichen Schutzkontakt-Stecker anschließen kannst.
Attraktive Förderungen
Die Anschaffung eines Balkonkraftwerks wird bundesweit gefördert. Seit dem 1. Januar 2023 entfällt die Mehrwertsteuer beim Kauf einer Mini-Solaranlage. Neben der bundesweiten Subvention bezuschussen auch viele Gemeinden und Bundesländer den Kauf eines Balkonkraftwerks. Die Stadt Köln fördert beispielsweise maximal 60 Prozent der förderfähigen Kosten je Vorhaben.
Wie viel Strom kann ein Balkonkraftwerk produzieren?
Anmeldung und Inbetriebnahme erfordern weder viel Zeit noch besonderes fachliches Know-how. Aber lohnt sich ein Balkonkraftwerk auch von der Leistung her?
In Deutschland dürfen Balkonkraftwerke eine Einspeiseleistung von maximal 800 Watt haben. Nur dann gilt die oben beschriebene, vereinfachte Anmeldung und selbstständige Inbetriebnahme. Bei einem 800-Watt-Balkonkraftwerk mit zwei Modulen und einer Leistung von 880 Wattpeak liegt der Stromertrag bei optimalen Bedingungen zwischen 800 und 900 Kilowattstunden (kWh) im Jahr. Bei einem Strompreis von 42 ct/kWh sind das schnell mal über 250 €. Mit unserem Strom-Spar-Checker kannst du ganz schnell und einfach prüfen, wie viel du sparen kannst.
Wie viel Strom könnte ich mit einem Balkonkraftwerk sparen?
Um deinen kompletten jährlichen Stromverbrauch abzudecken, reicht ein Balkonkraftwerk leider nicht aus. Ein Single-Haushalt verbraucht jährlich rund 2.000 kWh, bei einem Zwei-Personenhaushalt sind es schon knapp 3.250 kWh.
Ein 800-Watt-Balkonkraftwerk würde also rein rechnerisch etwas weniger als den halben Bedarf eines Ein-Personen-Haushalts und etwa ein Viertel des Bedarfs eines Zwei-Personen-Haushalts abdecken.
Allerdings kann ein Balkonkraftwerk den Jahresverbrauch der großen Stromfresser eines Haushalts decken. Elektroherd (445 kWh), Gefrierschrank (415 kWh), Kühlschrank (330 kWh) oder auch die Waschmaschine (200 kWh) könnten theoretisch problemlos ein Jahr lang betrieben werden. Zumindest beim Kühl- und Gefrierschrank bleibt es aber bei der Theorie, da diese Geräte rund um die Uhr laufen und ein Balkonkraftwerk nur dann Strom produziert, wenn auch die Sonne scheint.
Auch die Amortisationszeit (Zeit, die benötigt wird, um die Anschaffungskosten zu decken) ist bei Balkonkraftwerken recht kurz. Im Durchschnitt dauert es vier bis sechs Jahre, bis die Kosten wieder eingespielt sind. Und das bei einer durchschnittlichen Lebensdauer eines Balkonkraftwerks von rund 25 Jahren.
So holst du aus deinem Balkonkraftwerk noch mehr raus
Mit dem Kauf und der Installation eines Balkonkraftwerks ist zwar der erste Schritt getan, aber mit ein paar Tricks und Kniffen kannst du deine Mini-Solaranlage sogar noch weiter optimieren.
Optimale Ausrichtung
Rund 2.000 Stunden im Jahr scheint die Sonne in Deutschland. Um möglichst viele dieser Sonnenstunden zu nutzen, sollte dein Balkonkraftwerk optimal ausgerichtet sein. Die meisten Sonnenstrahlen fängst du ein, wenn deine Solarmodule nach Süden ausgerichtet sind.
Auch der Neigungswinkel der Panels macht einen Unterschied. In Deutschland liegt der optimale Neigungswinkel bei 30 Grad. Im Optimalfall solltest du die Module in jeder Jahreszeit neu anpassen, da sich im Laufe des Jahres der Stand der Sonne ändert. Hier erfährst du alles, was du zur Ausrichtung deines Balkonkraftwerks wissen musst.
Reinigung
Mindestens einmal pro Halbjahr sollte man die Solarmodule von Schmutz befreien. Auch wenn man die Verschmutzung nicht unmittelbar sieht, können sich Staub oder Pollen auf den Panels ablagern, die im Endeffekt die Effizienz des Geräts vermindern. Reinigung, Wartung und Pflege des Balkonkraftwerks sollten daher nicht vernachlässigt werden.
Eigenverbrauch optimieren
Besonders wichtig ist es natürlich, den produzierten Strom auch zu nutzen. Nun ist es allerdings so, dass viele Menschen zur Mittagszeit, in der das Balkonkraftwerk im Normalfall den meisten Strom produziert, nicht zu Hause sind. Wenn du ein Smart-Home-System hast, kannst du die Maschinen und Geräte natürlich bequem von unterwegs steuern, sobald genügend Strom erzeugt wird.
Manche Geräte haben aber auch eine eingebaute Zeitvorwahl. Diese lässt sich beispielsweise auf die Mittagszeit programmieren.
Wichtig ist es jedenfalls, dass du die Solarmodule nach deinen Bedürfnissen ausrichtest. Bist du nur morgens und abends zu Hause, solltest du eventuell über eine Ost-West-Ausrichtung nachdenken. Diese liefert nämlich morgens und abends Strom und erreicht noch zwischen 70 und 90 Prozent des Maximalertrags.
Balkonkraftwerk aufrüsten
In der Regel arbeiten Balkonkraftwerke mit zwei Solarmodulen. Man kann allerdings auch aufstocken. Da sich die 800-Watt-Grenze auf den eingespeisten Strom bezieht und nicht auf die Leistung der Panels, kann man sorgenfrei beispielsweise vier Module mit je 495 Wp (insgesamt dann 1980 Wp) Leistung miteinander verbinden.
Aber warum sollte ich dann mehr als zwei Module nutzen? Ganz einfach: Durch mehr Panels vergrößert sich die Solarfläche. Dadurch werden bereits bei geringerer Sonnen-Intensität brauchbare Erträge erzielt.
So ist man auch für die dunkle Jahreszeit oder regnerische Tage gewappnet. Alles, was ihr zu Balkonkraftwerken mit mehr als zwei Solarmodulen wissen müsst, erfahrt ihr hier.
Lohnt sich ein Speicher für das Balkonkraftwerk?
Nicht genutzter Solarstrom fließt ins öffentliche Netz. Dafür kann man zwar eine Einspeisevergütung erhalten, die aber nicht sehr hoch ist. Man muss also genau durchrechnen, ob der Stromertrag hoch genug ist, damit sich die Einspeisung lohnt.
Wenn du den selbst produzierten Strom nicht verbrauchst, lohnt es sich, über ein geeignetes Speichersystem nachzudenken. Dabei sollte man sich aber darüber im Klaren sein, dass ein Speicher die Anschaffungskosten der gesamten Anlage natürlich erhöht, was sich logischerweise auch auf die Amortisationszeit deiner Solaranlage auswirkt.
Allerdings kann der gespeicherte Strom jederzeit genutzt werden. Das lohnt sich gerade, wenn man zur Mittagszeit nicht zu Hause ist und keine smarten Geräte besitzt. Besonders effizient wird dein Balkonkraftwerk dann, wenn du es um einen Smart Meter ergänzt, um eine Nulleinspeisung zu erreichen.
Fazit
Auslaufende Subventionen auf Netzentgelte, steigende CO2-Preise, vorgezogenes Auslaufdatum der Strompreisbremse: Die Strompreise werden in Deutschland aller Voraussicht nach weiter rasant steigen. Mit einem Balkonkraftwerk kann man dem entgegenwirken. Durch den autark und nachhaltig produzierten Strom kann man zwar nicht den gesamten Haushaltsbedarf, aber immerhin einen großen Teil davon abdecken. Dabei wird die Anschaffung einer Mini-PV-Anlage je nach Wohnort sogar subventioniert, Anmeldung und Installation gehen leicht von der Hand. Anschließend braucht es nur ein paar Tricks und Kniffe, um das Maximum aus der Anlage herauszuholen.