Update: Das Solarpaket I ist offiziell in Kraft getreten. Solltest du noch einen älteren, rückwärtsdrehenden Stromzähler haben, kannst du ihn übergangsweise weiter nutzen – bis der Netzbetreiber ihn austauscht.
Auspacken, ans Balkongeländer schrauben, einstöpseln und los geht’s. In der Theorie ist ein Balkonkraftwerk blitzschnell in Betrieb genommen. Doch gerade Wohnungsmieter in einem Mehrfamilienhaus sollten sich vor dem Kauf umfangend darüber informieren, was zu beachten ist.
Klimaschutz und Energiewende sind alltägliche Themen in der Weltpolitik. Auch im privaten Bereich halten alternative Energien immer mehr Einzug. Dazu gehören auch Balkonkraftwerke. Gegenüber den großen Solaranlagen sind sie platzsparender, günstiger, einfacher anzubringen und leichter in Betrieb zu nehmen. So sind sie auch für Mieter eine gute Option, um selbst nachhaltigen Strom zu produzieren. Der potenzielle Markt für die Mini-Solaranlagen ist dabei riesig.
Deutschlandweit gab es Ende 2022 laut des Statistischen Bundesamts rund 43 Millionen Wohnungen. Diese verteilen sich auf Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Wohnheime. Rund 22 der insgesamt 43 Millionen Wohnungen findet man jedoch in den deutschlandweit 3,3 Millionen Mehrfamilienhäusern. Und in diesen haben mehrere Leute ein Wörtchen mitzureden, wenn es um die Installation von Balkonkraftwerken geht. In diesem Artikel erfährst du, worauf du vor dem Kauf und der Installation einer Mini-Solaranlage in einem Mehrfamilienhaus achten musst.
Gesetzgebung zu Balkonkraftwerken in Mehrfamilienhäusern
Gute Nachrichten gibt es gleich zu Beginn: Am 4. Juli 2024 hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das Mieter und Wohnungseigentümer das Recht gibt, Balkonkraftwerke zu installieren. Vermieter und Eigentümergemeinschaften können dies nicht mehr ohne triftigen Grund verbieten.
Im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) werden Balkonkraftwerke als Steckersolargeräte bezeichnet und sind nun als privilegierte Baumaßnahmen in § 20 WEG aufgenommen. Der Katalog umfasste bisher Maßnahmen zur Barrierefreiheit, E-Mobilität, Telekommunikation und Einbruchschutz. Mit der Ergänzung haben Wohnungseigentümer Anspruch auf Zustimmung für bauliche Änderungen in diesen Bereichen.
Für Mieter regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) diese Fragen in § 554, wo ebenfalls Steckersolargeräte als privilegierte Maßnahmen aufgenommen wurden. Bislang galten hier auch Barrierefreiheit, E-Mobilität und Einbruchschutz als privilegiert.
Vor der Gesetzesänderung konnten Vermieter und Eigentümergemeinschaften die Installation von Balkonkraftwerken untersagen. Jetzt ist dies nur noch mit triftigem Grund möglich.
Muss ich die Installation der Mini-PV-Anlage mit den Eigentürmern absprechen?
Trotz der neuen gesetzlichen Regelungen stellt das Gesetz keinen Freifahrtschein für Mieter dar. Der Kauf und die Installation einer Mini-Solaranlage sollten weiterhin mit dem Vermieter oder der Wohnungseigentümergemeinschaft abgesprochen werden, da es einige Punkte zu klären gibt:- Statik des Balkons: Ein Solarmodul wiegt rund 20 Kilogramm. Die Tragfähigkeit des Balkons muss gewährleistet sein, um das zusätzliche Gewicht sicher zu tragen.
- Sicherheitsabstand zum Nachbarhaus: Je nach Bau- und Brandschutzvorschriften deines Bundeslandes muss ein bestimmter Abstand (in der Regel zwischen 0,5 m und 1,25 m) zum Nachbarhaus eingehalten werden, insbesondere wenn Teile der Anlage brennbar sind.
- Bauliche Veränderungen: Die Anbringung an Fassaden, Balkondächern oder Geländern gilt als bauliche Veränderung und muss so erfolgen, dass sie später ohne bleibende Schäden entfernt werden kann.
- Stromzähler: Durch das Solarpaket I ist es nun erlaubt, alte Stromzähler ohne Rücklaufsperre vorübergehend weiterzuverwenden, bis der Netzbetreiber einen neuen, geeichten Zweirichtungszähler installiert. Das bedeutet, du kannst dein Balkonkraftwerk sofort in Betrieb nehmen, selbst wenn dein aktueller Zähler rückwärts läuft. Wichtig ist jedoch, dass du deine Mini-Solaranlage im Marktstammdatenregister anmeldest. Die Bundesnetzagentur informiert daraufhin deinen Messstellenbetreiber, der den Zähler spätestens vier Monate nach der Aufforderung austauschen muss.
- Höhe des Balkons: Die Vier-Meter-Regelung für Überkopfverglasungen entfällt, da das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) am 27. Oktober 2023 klargestellt hat, dass Balkonkraftwerke keine Bauprodukte sind. Solarmodule können daher ohne bauaufsichtliche Zulassung in Höhen über vier Metern installiert werden.
Um vollends auf der sicheren Seite zu sein, kannst du dich bei der Inbetriebnahme eures Balkonkraftwerks an die Norm des Verbands der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) halten. Diese legt die Sicherheitsanforderungen für steckfertige Photovoltaik-Anlagen fest. Alles rund um die Sicherheit von Balkonkraftwerken liest du hier.
Welche Anforderungen muss mein Balkon für eine Mini-Solaranlage erfüllen?
Bevor du dir ein Balkonkraftwerk zulegst, prüfe, ob dein Balkon dafür geeignet ist:
- Tragfähigkeit und Größe: Ein Solarmodul wiegt etwa 20 Kilogramm und misst rund 1,70 x 1 Meter. Stelle sicher, dass dein Balkongeländer oder die Hauswand die Last tragen kann und genügend Platz vorhanden ist.
- Stromanschluss: Eine Außensteckdose erleichtert die Installation. Falls nicht vorhanden, kann eine Leitung von innen nach außen verlegt werden. Bei Verwendung eines Wieland-Steckers ist die Installation durch eine Elektrofachkraft erforderlich.
- Ausrichtung des Balkons: Optimal ist eine Südausrichtung, um die maximale Sonneneinstrahlung zu nutzen. Wie du dein Solarmodul optimal ausrichtest, erfährst du hier.
Fazit
Balkonkraftwerke sind auch in Mietwohnungen von Mehrfamilienhäusern eine hervorragende Möglichkeit, eigenen und nachhaltigen Strom zu produzieren. Trotz der neuen gesetzlichen Regelungen, die Vermietern und Eigentümergemeinschaften die Verweigerung der Installation erschweren, ist es wichtig, einige Aspekte vorab zu klären. Dazu gehören der Sicherheitsabstand zum Nachbarhaus, regionale Bau-, Unfall- und Brandschutzvorschriften sowie die Statik des Balkons. Auch wenn bestimmte Regelungen, wie die Vier-Meter-Grenze, entfallen sind, sollte sichergestellt werden, dass keine baulichen Schäden entstehen.
Prüfe außerdem, ob dein Balkon hinsichtlich Ausrichtung, Größe und Tragfähigkeit für eine Mini-PV-Anlage geeignet ist und ob ein geeigneter Stromanschluss vorhanden ist. Mit diesen Überlegungen stellst du sicher, dass dein Balkonkraftwerk effizient funktioniert und keine unvorhergesehenen Probleme auftreten.