Klimaschutz oder Denkmalschutz? Die Frage, ob man an einem denkmalgeschützten Gebäude Solaranlagen – und damit auch Balkonkraftwerke – installieren darf, führt nicht selten zum Konflikt. Denn beides, der Erhalt unserer Umwelt und der Erhalt unseres kulturellen Erbes, hat eine große gesellschaftliche Relevanz. Daher basiert jede Antwort auf diese Frage auf einer intensiv abgewogenen Einzelfallentscheidung. Was bei dieser Entscheidung berücksichtigt wird, wer diese Entscheidung überhaupt trifft und was es sonst noch zu beachten gilt, klärt dieser Artikel.
Was bedeutet eigentlich „denkmalgeschützt“?
Rund drei Prozent aller Gebäude in Deutschland sind denkmalgeschützt – aber was heißt das eigentlich? Wenn ein Bauwerk unter Denkmalschutz steht, wird ihm eine besondere geschichtliche Bedeutung zugesprochen. Grund hierfür kann zum Beispiel ein historischer Baustil sein, die Verbindung zu einem wichtigen historischen Ereignis oder eine spezielle Ästhetik. Solche Gebäude, die also als für die Nachwelt als besonders erhaltenswert gelten, genießen einen besonderen rechtlichen Schutz. Dieser ist in den Denkmalschutzgesetzen der Länder festgeschrieben.
Was legen die Denkmalschutzgesetze fest
Durch den Denkmalschutz ergeben sich für Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden besondere Rechte und Pflichten. Sie müssen dafür sorgen, dass das Gebäude stets in gutem Zustand ist und gleichzeitig der wesentliche Charakter des Bauwerks über die Jahre erhalten bleibt.
Die Möglichkeiten von Renovierungs- und Umbaumaßnahmen unterliegen damit strengen Auflagen. Eingriffe in das Erscheinungsbild oder die bauliche Substanz sind nur schwer möglich, gleichzeitig fallen aber regelmäßige Instandhaltungsmaßnahmen an.
Allerdings genießen Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden als Ausgleich für die meist kostenintensive Denkmalpflege auch steuerliche Vorteile und können oft von Förderprogrammen profitieren.
Wer ist für den Denkmalschutz verantwortlich?
Verantwortlich für den Denkmalschutz sind in Deutschland die Bundesländer. Daher gibt es 16 verschiedene Denkmalschutzgesetze. Darunter, auf kommunaler Ebene angesiedelt, stehen die sogenannten unteren Denkmalbehörden. Sie sind die erste Anlaufstelle für alle Fragen zum Denkmalschutz, kümmern sich um Genehmigungen von Baumaßnahmen und führen Listen mit den Denkmälern. Auch wenn es um das Thema Photovoltaik (PV) für denkmalgeschützte Objekte geht, fällt das in ihren Zuständigkeitsbereich.
Darf man an einem denkmalgeschützten Gebäude Balkonkraftwerke anbringen?
Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) genießt der Klimaschutz im deutschen Recht einen besonderen Stellenwert. Das bedeutet allerdings nicht, dass er dadurch automatisch immer gegenüber dem Denkmalschutz priorisiert wird. Ganz im Gegenteil: Ob man an einem denkmalgeschützten Gebäude Solaranlagen installieren darf, wird für jedes betroffene Bauwerk einzeln genaustens abgewogen. Die Entscheidung für oder gegen eine Solaranlage trifft die jeweils zuständige untere Denkmalbehörde. Dabei werden unterschiedliche Faktoren berücksichtigt:
Ästhetik
Meist ist ein Gebäude gerade aufgrund seines besonderen historischen Erscheinungsbildes denkmalgeschützt. Wird dieses Erscheinungsbild durch die Installation einer PV-Anlage maßgeblich verändert, kann die Denkmalbehörde die Installation untersagen. Allerdings unterliegt diese Entscheidung kaum objektiven Kriterien, sondern liegt im Auge des Betrachters oder der Betrachterin.
Statik und Bausubstanz
Historische Gebäude haben meist schon einige Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte auf dem Buckel. Daher haben sie oft eine andere Bausubstanz als moderne Gebäude, zum Beispiel, weil andere Materialien verwendet oder andere Bautechniken angewendet wurden. Teilweise können sie dadurch die zusätzliche Last, die eine Solaranlage – auch bereits kleine Balkonkraftwerke – mitbringen, nicht tragen. Als Konsequenz können Schäden am Gebäude entstehen oder die Solarmodule werden schlimmstenfalls zur Gefahrenquelle für Menschen.
Ensembleschutz
Manchmal ist es gar nicht unbedingt das Gebäude selbst, was unter Denkmalschutz steht. Auch ein benachbartes, denkmalgeschütztes Objekt kann dem Vorhaben, eine Solaranlage zu installieren, im Weg stehen. Und zwar, wenn der sogenannte „Ensembleschutz“ zum Tragen kommt. Dieser besteht, wenn ganze Gebäudegruppen in ihrem räumlich oder architektonischen Zusammenspiel erhaltenswert erscheinen, zum Beispiel auf bestimmten Plätzen oder in speziellen Stadtvierteln. Aus dem Zusammenwirken der einzelnen Faktoren ergibt sich am Ende eine Gesamtbewertung, die Ausschlag darüber gibt, ob in dem spezifischen Fall eine Solaranlage genehmigt oder nicht genehmigt wird. Das Gute: Denkmalbehörden entscheiden immer häufiger zu Gunsten der Solaranlagen. Denn auch ihnen wird die Relevanz nachhaltiger Energiegewinnung immer deutlicher. Einige Behörden unterstützen Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden auch aktiv beim Umrüsten auf regenerative Energien. Zum Beispiel, indem sie Leitfäden erstellt haben.
Balkonkraftwerke trotz Denkmalschutz: So klappt‘s
Bewohner oder Besitzer eines denkmalgeschützten Hauses, die mit dem Gedanken spielen, Solaranlagen zu installieren, können sich einige Tipps zu Nutze machen. Eine Genehmigung für die Installation ist damit zwar nicht garantiert, wird aber wahrscheinlicher.
Solaranlage in Ästhetik integrieren
Wenn sich der Denkmalschutz eines Gebäudes vor allem aus dessen Erscheinungsbild ergibt, sollte man überlegen, ein Balkonkraftwerk möglichst dort anzubringen, wo es wenig einsehbar ist. Das können zum Beispiel bei einem Altbau in der Stadt die Balkone zum Hinterhof statt zur Straße sein. Zudem sollte die Ästhetik der Solarpaneele an jene des Gebäudes angepasst sein. Zum Beispiel, indem die Farbe des Moduls eine ähnliche Farbe wie die der Dachziegel aufweist. Es lohnt sich hier verschiedene Modelle und Anbringungsformen zu vergleichen.
Balkonkraftwerk als Kompromiss
In der Regel ist es leichter, ein Balkonkraftwerk genehmigt zu bekommen als eine herkömmliche PV-Anlage. Denn die Mini-PV-Anlagen werden häufig als weniger invasiv für die Bausubstanz des Gebäudes angesehen und können außerdem schneller wieder entfernt werden.
Über regionale Gesetze (frühzeitig) informieren
Da jedes Bundesland sein eigenes Amt für Denkmalschutz sowie sein eigenes Denkmalschutzgesetz hat und zudem auch die Kommunen im Zweifel über unterschiedliche Regelungen verfügen, sollte man sich unbedingt über die Bestimmungen in seinem Bundesland und seiner Kommune ausreichend und frühzeitig informieren.
Fazit
Ein Balkonkraftwerk an einem denkmalgeschützten Gebäude anzubringen, ist potenziell möglich – bedarf allerdings der Genehmigung der zuständigen Denkmalbehörde. Unter welchen Umständen diese eine Solaranlage genehmigen, ist jedoch sehr unterschiedlich. Daher gilt: unbedingt vorher bei der Behörde informieren. Das häufigste Argument gegen eine Solaranlage ist der Eingriff ins Erscheinungsbild des Gebäudes. Dafür kann es allerdings mitunter Kompromisslösungen geben. Immer häufiger zeigen sich Behörden für diese Lösungen aus Klimaschutzgründen auch offen.